CHGEOL
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6. Schweizerischer
Geologentag
und GEOL_BIM

23./24. März
2022
Trafo Baden

Foto: FHNW

Referent Manfred Huber

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01.12.2021

 

Die Heterogenität der Geologie-Branche ist eine Herausforderung für BIM

Interview: Franz Schenker

Nach deinem Architekturstudium an der ETH und der School of Architecture in Ahmedabad India hast du ein Architektur- und Consultingbüro gegründet und geleitet. Was brachte dich zurück an die Hochschule, und welche Unterschiede bestehen für dich zwischen Büroinhaber und Hochschule?

Prof. Manfred Huber: Beides ist hochspannend. Praxis wie Lehre und Forschung. Die Lehre gibt mir die Möglichkeit Teil der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden zu sein. Das heisst mein Wissen und meine Erfahrung in eine grössere Gruppe einzubringen, aber auch von Studierenden zu lernen. Die Forschung wiederum erlaubt mir zusammen mit Kolleginnen und Kollegen sowie Praxispartner Wege zu gehen, die mir als Inhaber eines Büros verwehrt blieben.

Du bist Leiter des Instituts Digitales Bauen an der FHNW wo ihr insbesondere an der disziplinübergreifenden Anwendung der BIM-Methode und der damit zusammenhängenden Interoperabilität forscht und arbeitet. Wie weit ist die BIM-Methode in der Planung und Realisierung von Bauwerken bereits verbreitet? Kannst du ein paar Beispiele geben, womöglich von solchen, bei der auch die Geologie integriert ist?

Die Anwendung der BIM-Methode hat sich in den vergangenen Jahren stark verbreitet. Es gibt heute kaum mehr ein grösseres Bauwerk bei der diese Methode zumindest nicht in Teilen genutzt wird. Bei Hochbauten drehen sich die Fragestellungen in der Geologie oft um die Thematik der Baugrube. Dort ist eine transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Geologie, dem Bauingenieurwesen und der Architektur der Schlüssel für ressourcenschonende Lösungen. Im Infrastrukturbau sind es unter anderem selbstredend die Tunnelbauwerke, welche in der Schweiz eine hohe Bedeutung haben. Ohne eine sehr enge – sowohl auf Ebene der Daten und Informationen wie aber auch auf Ebene der Prozesse und der Organisation – Zusammenarbeit, ist eine effiziente und effektive Aufgabenbearbeitung kaum mehr denkbar. Bei beidem, dem Hoch- wie Infrastrukturbau, ermöglicht die BIM-Methode eine integrierte und zielfokussierte Zusammenarbeit, die auf geeigneten Prozessen und Organisationen und der Nutzung von digitalen Bauwerksmodellen beruht.

Ziel von GEOL_BIM ist ja die Integration von geologischen Daten und Informationen in die BIM Methode. Nicht nur in der Geologie-Szene, sondern auch in anderen Baubereichen gibt es Befürchtungen, dass es dann weniger Arbeit für Beratungs- und Planungbüros gibt. Wie beurteilst du diese Bedrohung, oder ist das eine dumme Frage an einen BIM-Aficionado wie du es bist?

Sowohl in der Bau- wie in der Geologiebranche gibt es zahlreiche manuelle und kognitive Routineaufgaben, die zudem oft seriell abgewickelt werden. Aufgaben die wenig spannend sind, Ressourcen blockieren und fehlerbehaftet sind. Wenn wir diese durch geeignetere Zusammenarbeitsformen und dem Einsatz von digitalen Werkzeugen reduzieren können, so bleibt uns mehr Zeit für nicht routinemässige, interpersonelle und analytische Aufgaben. Aufgaben die wohl den meisten von uns mehr Freude bereiten als die erstgenannten.

An der Generalversammlung des CHGEOL am 15. März 2019 hast du einen Einführungsvortrag zu GEOL_BIM gehalten. Ende 2019 wurde das innosuisse-Projekt bewilligt und anfangs 2020 begannen die Arbeiten. Was ist seither passiert?

Wir haben uns gemeinsam auf den Weg gemacht. CHEOL, Praxis- und Umsetzungsparter, wie auch wir von der Lehre und Forschung haben uns gegenseitig besser kennen gelernt und gemeinsam Lösungen für eine bessere Zusammenarbeit entwickelt. Wir sind gespannt auf die Feedbacks der Mitglieder.

Bei der Vorbereitung des innosuisse-Projekts gewannen wir den Eindruck, dass nur in wenigen Ländern (England, Australien, Frankreich) Bestrebungen zur Integration der Geologie in die BIM-Methode laufen. Ist dies immer noch so, und wird das «eidgenössische» GEOL_BIM international mithalten können?

Das Thema hat weltweit stark an Fahrt aufgenommen. Nicht nur in Europa. Bei Zwischenpräsentation und den dazugehörigen Publikationen haben wir auch international sehr gutes Feedback bekommen. Dies zeigt doch auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und durch die Nutzung von IFC (Industry Foundation Classes), setzen wir auf ein Austauschmodell, das weltweit genutzt wird. Damit ist unsere Lösung auch anschlussfähig.

Digitale geologische Modelle mit eingearbeiteten geologischen Daten sowie mit Prognosemöglichkeiten werden im Bergbau und bei der Erdöl und Erdgasexploration seit Jahren genutzt. Allerdings ist die dafür verwendete Software, falls überhaupt erhältlich, sehr teuer. Wie wird dies beim GEOL_BIM sein, gibt es Open-Source-Software, analog z.B. QGIS anstelle jener von ArcGis?

Der Preis eines Softwareproduktes ist immer abhängig vom Leistungsumfang und der Produktivitätssteigerung, die damit erzielt werden kann. Im Bauwesen stehen schon heute kostenlose Lösungen zum Betrachten und vereinfachten Auswerten von digitalen Bauwerksmodellen (auch geologischen) zur Verfügung. Für komplexe Auswertungen oder sogar zum Erstellen sind diese Programme jedoch nicht geeignet. Damit aber all diese Lösungen (ob kostenlos oder lizenzpflichtig) genutzt werden können, ist es wichtig, dass der Austausch via dem IFC-Format geschieht. Im Rahmen des GeolBIM-Projektes wird eine webbasierte Lösung erarbeitet, die dies unterstützt.

Manfred, du bist ja mit deinem Team der «Main Research Partner» im GEOL_BIM innosuisse Projekt. Wie hast du die Zusammenarbeit mit den vielen Geologen erlebt?

Die Zusammenarbeit war für uns sehr bereichernd. Ich hoffe für die Geologinnen und Geologen, mit denen wir im Kontakt stehen, auch. Was uns aber doch stark aufgefallen ist, ist die Heterogenität der Branche. Sie wird von uns stärker wahrgenommen als von uns zu Beginn vermutet. Vielfalt ist per se nicht negativ, doch müssen die daraus hergeleiteten Heraus- und Anforderungen angegangen werden. Ich bin überzeugt, dass es uns allen mit dem Projekt GEOL_BIM gelungen ist, mit diesen Herausforderungen in der Zukunft besser umzugehen.

Franz Schenker: Vielen Dank, Manfred, dass du dir Zeit genommen hast. Und wir, die Geologenszene, freuen uns sehr auf den 24. März 2022, wo du und andere uns nicht nur Visionen über die digitale Geologie vermitteln, sondern auch konkrete Unterstützung zur Umsetzung vermitteln werden.

Kurzbio 

Prof. Manfred Huber ist Leiter des Kompetenzzentrums Digitales Bauen der FHNW. Die Fachhochschule Nordwestschweiz ist eine der Pionierinnen des digitalen Bauens in der Schweiz und bietet seit 2013 die Weiterbildung MAS Digitales Bauen an. Prof. Manfred Huber ist diplomierter Architekt ETH SIA und hat während 17 Jahren das eigene Architekturbüro «aardeplan» geleitet, wo das digitale Bauen schon seit zehn Jahren aktiv eingesetzt wird. Im SIA präsidiert er die Kommission SIA 2051 BIM.

www.fhnw.ch>manfredhuber